Foto: Kurt Brodmann mit seiner Mutter Franzi
Foto aufgenommen in: Wien, Österreich (1926)
Interviewte Person: Kurt Brodmann
Zeitpunkt des Interviews: 2002
Interviewerin: Tanja Eckstein
Mein Großvater war ein schwerkranker Mann. Er wurde 1938 aus seiner Wohnung geworfen, durfte in kein Hotel, durfte auf keiner Bank sitzen, er konnte gar nichts mehr machen als Jude. Er hat gestunken, weil er sich nicht waschen konnte, und meine Mutter hatte die Ausreise nach Shanghai. Sie hat gesagt:
‚Ich muss verzichten, ich lasse meinen Vater nicht allein hier in diesem Zustand.' Meine Mutter gab ihrer Schwester, der Tante Anni ihre Fahrkarte. Mein Vater und Tante Anni sind zusammen nach Shanghai geflüchtet. Meine Mutter hat dann Unmenschliches geleistet, bis der Großpapa im Januar 1939 gestorben ist. Dann hat sie ihn noch begraben, hier am Zentralfriedhof am 4. Tor. Er liegt mit meinem Onkel Artur, seinem Sohn, zusammen in einem Grab.
Sie hatte auf die Flucht nach Shanghai verzichtet und nun kam sie nicht mehr weg. Sie ist jeden Tag, sie hat ausgeschaut wie eine Christin, auf die Kultusgemeinde gegangen und hat gesagt: ‚Mein Mann ist in Shanghai, ich muss zu ihm.'
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