Foto: Paul Back mit seinen Eltern Miriam and Leo
Foto aufgenommen in: Wien, Österreich (1935)
Interviewte Person: Paul Back
Zeitpunkt des Interviews: 2002
Interviewerin: Tanja Eckstein
Am 12. März 1938 sah ich Flugzeuge, jede Menge Flugzeuge, richtige Staffeln, die den Himmel verdunkelten.
Erstens wollten die Nazis ihre Macht demonstrieren und zweitens hatten sie wirklich Sachen zu transportieren, um sich hier breit zu machen. Da sah man schon die Leute in Uniformen und Jungen in HJ-Hemden herumlaufen. Das waren Österreicher, die Deutschen waren noch nicht in Wien. Sie sind ja nicht schnurstracks nach Wien gekommen, denn sie wurden zuerst aufgehalten von den Menschen, die ihnen am Weg zugejubelt haben. Als erstes hat sich die Wehrmacht bei den Wienern mit Essen angebiedert, mit Gulaschkanonen am Heldenplatz.
Die Wohnung meiner Großmutter wurde zu einer Art familiäres Nachrichtenzentrum. Die Familie verfolgte die Situation ständig und zuerst brach keine Panik aus. Erst viel später wurden sie unruhig, als Maßnahmen gegen Juden verlautbart wurden oder als Aktionen gestartet wurden wie Straßenwäschereien, Belästigungen und Anpöbelungen. Man hörte, da hat einer einen Tritt bekommen, da wurde jemand angegriffen oder jemand weggebracht, aber da machte man sich wahrscheinlich auch noch Illusionen. Man wusste, dass es arg ist, aber wusste nicht, wie arg es werden würde.
Eine der wenigen Maßnahmen, die mir unter die Haut gegangen sind, weil sie mich direkt betroffen haben, waren die Schilder auf den Parkbänken, auf denen stand ‚Nur für Arier' oder ‚Nicht für Juden'. Ich bin oft spazieren gegangen mit meiner Mutter oder mit meinen Cousins, und wir haben die Parks benutzt und dort gespielt. Auf einmal durften wir nicht mehr auf den Bänken sitzen.
Ich war von den Uniformen sehr beeindruckt und bin schon als Kind oft, noch vor den Nazis, zum Kriegsministerium am Stubenring gelaufen, weil es dort einmal in der Woche eine Wachablöse mit Zapfenstreich gab. Diese Marschmusik hatte ich gern, das hat mir gefallen.
Als die Deutschen einmarschierten, war das schon etwas bedrohlich, aber da waren Uniformierte, die mit Musikcorps herumzogen, das hat mich sehr beeindruckt und mir gefallen, da bin ich begeistert hinterhergelaufen.
Die Hachschara-Kurse mussten aufgegeben werden. Max Back hat sich dann anderweitig in der Kultusgemeinde betätigt und auch er wurde eines Tages attackiert und geschlagen. Ich glaube, das geschah in der Seitenstettengasse vor dem Tempel. Es gab damals genug Leute, die mit Vergnügen herum gewütet haben. Gleich um die Ecke der Wohnung meiner Großmutter gab es Bethäuser, aber mir ist nicht bekannt, dass es dort zu ernsten Übergriffen gekommen wäre. Die Hitlerjugend und der BDM sind aber in der Gegend herumgeschwirrt.
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